Ich habe lange überlegt, ob ich in meinem Blog wirklich ein Technikreview machen sollte. Wer hier ein Pixelpieper ist, und auf lange Testcharts, Blendentabellen oder Bokehtalk steht, der kann hier gleich aufhören zu lesen. Sowas gibts wie Sand am Meer. Ok, zu dieser Kamera vielleicht nicht.
Vor knapp 3 Jahren kaufte ich mir ein gebrauchtes aber sehr gut erhaltenes Exemplar der Sony Rx1R. Schon beim Auspacken habe ich mich sofort in das Design und die Kompaktheit der Kamera verliebt. Ein Vollformatsensor in dem Gehäuse einer kleinen Kompaktkamera, einem nicht wechselbaren, aber sehr Lichtstarken 35mm Objektiv. Schon geil! Die technische Qualität der Bilder, die mit dieser Kombination möglich ist, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue.
Das Beste daran aber ist, dass man damit fast immer gnadenlos unterschätzt wird, und man somit eher als Hobbyknipser war genommen wird. Perfekt! Wenn man mit großen Kameras und dicken Linsen nah an Menschen rankommt, wird sie das Irritieren, und sie verhalten sich sofort anders. Das passiert mit kleinen Kameras eher nicht. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass es mit der RX1 auf jeden Fall einfacher ist, Menschen in ihrer natürlichen Umgebung abzulichten, ohne dass sie sich beobachtet fühlen, oder dass man überhaupt bemerkt wird. Das funktioniert in erstaunlich vielen Situationen und ist ein wahrer Türöffner. Besitzer einer RicohGR wissen was ich meine.
Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich mir nie darüber Gedanken gemacht, ob die Größe einer Kamera irgendeinen Einfluss auf das Bildergebnis haben könnte. Im Allgemeinen hat sie das auch nach wie vor nicht. Es kommt auch darauf an, was man Fotografiert. Für jede Form der Reportage und auch Streetphotography, in der man möglichst unauffällig und sehr nah am Geschehen sein will, kann das schon sehr oft von Vorteil sein. Denn: man bewegt sich anders, traut sich näher ran, wird leichter Teil der Szene. Natürlich kann es sein, dass ein Profi oder jemand der sehr geschickt agiert, auch mit einer Canon 1d oder Nikon D4 die gleichen Ergebnisse abliefert. Einem Anfänger hilft die deutlich unauffälligere Erscheinung des Kameraequipments aber ganz sicher.
Eine Umstellung war zudem die Brennweite. Ich hatte vor der RX1 Jahrelang Erfahrungen mit verschiedenen Nicht-Zoomobjektiven als immerdrauf. 35mm nutzte ich bis dahin noch nicht. Sehr schnell ist dies aber dann zu meiner absoluten Lieblingsbrennweite geworden, bis Heute. Hiermit kann man viel besser als z.B. mit einem 50mm das Gefühl von Nähe und Mittendrin vermitteln. Als Betrachter des Bildes ist man einfach Teil der Szene, nicht der Beobachter. Das gefällt mir. Außerdem bekommt man eben noch mehr Hintergrund mit aufs Bild was das Erzählen einer Geschichte erleichtern kann oder überhaupt erst ermöglicht. Und dabei hat man auch meist nicht Zuviel drauf, wie zb. bei 24mm, mit denen ich auch gerne arbeite.
Ein weiterer Aspekt einer so kompakten Kamera und der Reduzierung auf nur eine Brennweite, ist die Bequemlichkeit. Keine ständigen Wechsel in der Objektive (und dabei verpasste Momente), kein rumschleppen von Kiloschwerem Equipment. Bei einer Ganztags-Hochzeitsreportage von mehr als 15 Stunden eine Wohltat.
Die RX1 hat mir aber auch bei meiner Fotografischen Entwicklung weitergeholfen. Sicher lag es daran, dass ich seitdem sehr viel mehr fotografiert habe, die Kamera ist immer dabei. Und dass ohne die Einschränkungen die man mit einem Smartphone hat. Der Blick aufs wesentliche hat sich geschärft, und dabei ist die Erkenntnis entstanden, dass die Kamera dann doch unwichtig ist. Nur die Geschichte oder die Emotion im Bild zählt. Das in möglichst jedem Bild rüberzubringen ist die Kunst. Das gelingt mir zwar manchmal, aber leider viel zu selten.
Obwohl ich insgesamt zufrieden mit der RX1R war, haben mich ein paar Dinge gestört. Neben dem unterirdisch schlechten Akku, vor allem der bei wenig Licht nicht sehr Treffsichere Autofokus. Ein klappbares Display habe ich mit der Zeit ebenso wie einen Sucher vermisst. Der Aufstecksucher, den ich mir für knapp 200€ gekauft hatte erfüllte zwar seinen Zweck, Aufnahmen aus der Bodennahen Perspektive waren damit leichter möglich. Allerdings hat die Kamera damit viel von der Kompaktkeit verloren.
Der Nachfolger hatte bis auf die schlechten Akkuwerte alle erwähnten Kritikpunkte ausgemerzt. Die Mark II hat tatsächlich einen deutlich treffsichereren, flotteren, kontinuierlichen AF mit Eye-Tracking, sowie einen Klapp Sucher und einen ins Gehäuse versenkbaren Viewfinder verbaut. Man kann sagen das hier die gleiche Technik drin steckt, wie in der A7RII, sogar der gleiche Sensor. Wow. Den 42MP Sensor hätte ich zwar nicht unbedingt gebraucht, das bessere LowLight- Verhalten ist dann aber ganz nett.
Als ich das passende Kleingeld zusammengespart hatte landete die Mark1 dann gleich bei Ebay, und den Nachfolger holte ich dann persönlich im Knapp 250km entfernten Nürnberg ab. Seitdem brauche ich eigentlich fast nichts anderes mehr. Fast. Mehr dazu aber in einem der nächsten Blogpostings. Spoiler: Sony 24F1.4GM für meine A7III. Erste Bilder gibts in diesem kurzen Artikel. Hier noch kurz die Hauptunterschiede zum vorgänger:
42 statt 24MP Vollformatsensor
verbessertes Rauschverhalten bei HighIso
Klappdisplay
ins Gehäuse versenkbarer digitaler Sucher (wie bei den Modellen der RX100ér Serie)
verbesserter AF (Gesichtserkennung, kontinuierlicherAF direkt am Schalter neben Objektiv einschaltbar, Treffsicherer bei wenig Licht, mehr Af Felder, besseres Tracking)
weniger Bilder Pro Sekunde
Gehäuse minimal dicker
Bildwechsel und Zoomen deutlich träger
Kein eingebauter Biltz mehr
Fazit
Die Kameras haben mich lange begleitet, und mir dabei geholfen bessere Bilder machen zu können. Der Autofokus der MarkII, und der Klappsucher haben mir berechenbarere Bilder ermöglicht, und sorgen damit nochmal für mehr Spaß. Müsste ich mich für eine Kamera entscheiden, (RX1 Serie, Kamera mit wechselbaren Objektiven wie z.B. meine A7III) würde ich nicht lange überlegen. Ja, ich würde die Kamera stand März 2020 erneut kaufen. Ohne zu zweifeln.
Contra
PRO
-sehr schlechte Akkulaufzeit! Plant für einen Tag mal lieber 3-4 Akkus ein
-Objektivverzeichnung nicht gut korrigiert. Für Architekturfotografie ist die Kamera nicht geeignet
-AF Tracking nicht so zuverlässig wie bei einer A7III, eher auf dem Niveau einer A7II
-Bei AF Tracking nur 3 Bilder Pro Sekunde. Das kann durchaus zu wenig sein.
-Teuer, besonders die MarkII. Originalzubehör wie Gegenlichtblende oder Daumengriff völlig überzogen, auf Leica-Niveau
+ sehr kompaktes Gehäuse, immer dabei, unauffällig, robust, hochwertig
+manueller Blendenring und Makrofunktion
+sehr großer Dynamikumfang und bearbeitbarkeit der RAW Aufnahmen. Tiefenregler bis zum Anschlag erzeugt keinerlei Artefakte oder Bildrauschen. Fantastisch! Auch die hellen Bildbereiche lassen sich sehr gut wiederherstellen
+großer Vollformatsensor mit hervorragender Bildqualität (MarkII mit niedrigem Rauschen trotz hoher ISO-Verwendbar bis 25000)
+guter AF mit Gesichtsverfolgung (nur bei der MarkII)
+großartiges Objektiv, schon bei F2.0 bis in die Ecken scharf
+MarkII besitzt Klappdisplay und Versenkbaren digitalen Sucher